- Berufsspezifische Einschränkungen beim Einsatz von Mehrwertdiensten
- Der Einsatz von Dialern bei Mehrwertdiensten
- Gewinnspiele und Glücksspiele mit Mehrwertdiensten
- Handy-Klingeltöne und -Logos via Mehrwertdiensten
- Mehrwertdienste und Minderjährigkeit
- Mitstörerhaftung bei Mehrwertdiensten
- Preisangabepflichten bei Mehrwertdiensten
- Rechtliche Regelungen zu Premium-SMS
- Vergütungspflicht für R-Gespräche?
- Mehrwertdienste und Telefonsex
Vergütungspflicht für R-Gespräche?
1. Allgemeines:
R-Gespräche, aus amerikanischen Filmen bekannt, werden seit wenigen Jahren auch in Deutschland angeboten. Dabei wählt der Anrufer eine kostenfreie Rufnummer, und der Angerufene zahlt die Gebühren.
Nach dem Abnehmen hört der Angerufene zunächst eine kostenfreie Ansage, die ihn über die Identität des Anrufers und die Kosten informiert. Z.B.: "Dies ist ein R-Gespräch von Hans Müller. Drücken Sie die Tasten "1" und "2", um das Gespräch zum Preis von 25 Cent pro Minute anzunehmen.". Der Angerufene kann sich dann entscheiden, ob er den gebührenpflichtigen Anruf durch Tastendruck annimmt oder ob er das Gespräch ohne Kostenfolge beendet.
Bei Einführung des Dienstes ist der eigentliche sinnvolle und nutzbringende Service in der Öffentlichkeit vor allem durch die problematische Verbindung mit Mehrwertdiensten in die Kritik gekommen, vgl. z.B. Mansmann: Rückruf-Abzocke. Während R-Gespräche anfangs zu Preisen von fast 2 EUR pro Minute oder mit Mehrwertdiensten kombiniert wurden, kosten diese heute inzwischen idR. "nur noch " zwischen 0,25 und 0,99 EUR pro Minute.
2. Vertragsschluß:
Es ist fraglich wie bei einem R-Gespräch der Vertrag zustande kommt, insbesondere bei Beteiligung eines Minderjährigen auf Seiten des Anschlussinhabers. In Medien und Rechtsprechung wurden in jüngster Vergangenheit mehrfach Fälle bekannt, in denen ein minderjähriges Kind ein R-Gespräch annahm und hohe Kosten auslöste. Die Eltern verweigerten danach die Zahlung.
Ein Vertrag besteht aus zwei übereinstimmenden Willenserklärungen, aus Angebot und Annahme. Über die wesentlichen Vertragsbestandteile muß Einigung erzielt werden. Bei einem R-Gespräch müssen sich somit Diensteanbieter und Angerufener zumindestens über Leistung und Preis einig sein.
Die automatische Ansage, in der die Leistung (das Telefongespräch) und der Preis (x EUR/Minute) genannt werden, stellt dabei das Angebot auf Abschluß eines Telefondienstvertrages dar. Durch das Drücken der Tasten erklärt der Angerufene die rechtsverbindlich Annahme.
Problematisch wird dies lediglich, wenn ein anderer als der Anschlussinhaber das R-Gespräch annimmt, so z.B. ein minderjähriges Kind. Grundsätzlich muss ein anderer als der Anschlussinhaber von diesem bevollmächtigt sein, um ihn rechtsgeschäftlich zu vertreten, also in dessen Namen und auf dessen Rechnung Verträge schließen zu können (§ 164 Abs. 1 BGB). Der Anschlussinhaber müsste seinem Kind daher erlaubt haben, kostenpflichtige Telefon- und R-Gespräche zu führen. Ob er diese Vollmacht oder die Verweigerung der Vollmacht dem Diensteanbiete kundtut, ist belanglos (§ 167 Abs. 1 BGB).
3. Rechtsprechung:
a) Urteil des AG Braunschweig: Vergütungspflicht verneinend
Das AG Braunschweig (Urt. v. 17.03.2004 - Az.: 114 C 5637/03) hatte in einem solchen Fall einen Vertragsschluß verneint. Die Entscheidung wurde später durch das LG Braunschweig (Beschl. v. 26.05.2004 - Az.: 8 S 218/04 (032)) bestätigt .
Das AG Braunschweig stellte darauf ab, dass der Anschlussinhaber seinem Kind kostenpflichtige Anrufe sogar ausdrücklich untersagt hatte. Eine Vollmacht liege nicht vor.
Zudem erörtete es, ob der Minderjährige überhaupt als Vertreter einen Vertrag schließen konnte: Da in dem vorliegenden Sachverhalt der Preis nicht pro Minute, sondern pro Sekunde angegeben wurde, sei es einem Minderjährigen nicht möglich, die Kostenfolge zu überblicken, so das Gericht. Bei einer Vertretung kommt es auf die Person des Vertreters (§ 167 Abs. 1 BGB) an. Deshalb sei kein Vertrag zustande gekommen, so der Richter.
b) Urteil des AG Gelsenkirchen: Vergütungspflicht bejahend
Eine andere Ansicht vertritt das AG Gelsenkirchen-Buer (Urt. v. 28.09.2004 - Az.: 27 C 17/04). Diesem Urteil zufolge haften die Eltern für die R-Gespräche des Minderjährigen nach den Grundsätzen der sog. Anscheins- oder Duldungsvollmacht. Danach haftet ein Vertretener auch dann, wenn er das Handeln seines angeblichen Vertreters nicht kennt, es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen können.
Im vorliegenden Fall musste der Anschlussinhaber erkennen, dass Familienangehörige, Gäste, Mitbewohner und andere das Telefon unbeschränkt nutzen können. Er hätte das Telefon gegen unbefugten Gebrauch sperren lassen müssen. Andernfalls müsse er immer mit dessen Benutzung rechnen und auch dafür haften. Der Vertragspartner, hier der Diensteanbieter, durfte auch damit rechnen, dass derjenige, der durch Tastendruck einen Vertrag schließt, dazu bevollmächtigt ist. Schließlich hat der Provider gar keine Möglichkeit, innerfamiliäre Angelegenheiten auf Seiten des Anschlussinhabers zu kontrollieren. In diesem Falle wäre ein Vertragsschluß zu bejahen.
Mangels weiterer Rechtsprechung höherer Instanzen bleibt die Frage zur Vergütungspflicht von R-Gesprächen also ungeklärt: Vom Ergebnis ausgehend, erscheint es angemessen, von einem Vertragsschluß auszugehen, denn der Diensteanbieter des R-Gesprächs kann nichts über das Innenverhältnis beim Anschlussinhaber wissen. Er hat überhaupt keine Kenntnis von fehlenden Vollmachten und kann sich logistisch gar nicht gegen solche Verwendungen des Anschlusses schützen. Demgegenüber ist es für den Anschlussinhaber möglich, sein Telefon abzuschließen bzw. gegen unbefugte Nutzung zu sichern.
Gleichzeitig erscheint genau diese Maßnahme unbillig, denn unter Umständen möchte der Anschlussinhaber selbst R-Gespräche entgegennehmen und deshalb keine Sperre aktivieren. Einzig möglich wäre es, das Telefon wegzuschließen. Ebenfalls wenig sinnvoll für ein Kommunikationsmittel wie das Telefon.
4. Gesetzliche Reform zum 01.09.2007:
Seit dem 01.09.2007 sind zahlreiche neue, verbraucherschützende Regelungen im TKG in Kraft getreten.
In § 66 a TKG findet sich nunmehr eine umfassende Preisangabepflicht:
"Wer gegenüber Endnutzern Premium-Dienste, Auskunftsdienste, Massenverkehrsdienste, GeteilteKosten-Dienste, Neuartige Dienste oder Kurzwahldienste anbietet oder dafür wirbt, hat dabei den für die Inanspruchnahme des Dienstes zu zahlenden Preis zeitabhängig je Minute oder zeitunabhängig je Inanspruchnahme einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile anzugeben. Bei Angabe des Preises ist der Preis gut lesbar, deutlich sichtbar und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer anzugeben. Bei Anzeige der Rufnummer darf die Preisangabe nicht zeitlich kürzer als die Rufnummer angezeigt werden. Auf den Abschluss eines Dauerschuldverhältnisses ist hinzuweisen. Soweit für die Inanspruchnahme eines Dienstes nach Satz 1 für Anrufe aus den Mobilfunknetzen Preise gelten, die von den Preisen für Anrufe aus den Festnetzen abweichen, ist der Festnetzpreis mit dem Hinweis auf die Möglichkeit abweichender Preise für Anrufe aus den Mobilfunknetzen anzugeben. Bei Telefax-Diensten ist zusätzlich die Zahl der zu übermittelnden Seiten anzugeben. Bei Datendiensten ist zusätzlich, soweit möglich, der Umfang der zu übermittelnden Daten anzugeben, es sei denn, die Menge der zu übermittelnden Daten hat keine Auswirkung auf die Höhe des Preises für den Endnutzer."
Wer diese Preisangabepflicht nicht befolgt, hat keinen Anspruch auf Vergütung der angefallenen Mehrwertdienste-Entgelte (§ 66 g TKG).
Bei den R-Gesprächen wichtigste Neuerung ist § 66 i TKG:
(1) Auf Grund von Telefonverbindungen, bei denen dem Angerufenen das Verbindungsentgelt in Rechnung gestellt wird (R-Gespräche), dürfen keine Zahlungen an den Anrufer erfolgen. Das Angebot von R-Gesprächsdiensten mit einer Zahlung an den Anrufer nach Satz 1 ist unzulässig.
(2) Die Bundesnetzagentur führt eine Sperr-Liste mit Rufnummern, die von R-Gesprächsdiensten für eingehende R-Gespräche zu sperren sind. Endkunden können ihren Anbieter von Telekommunikationsdiensten beauftragen, die Aufnahme ihrer Nummern in die Sperr-Liste unentgeltlich zu veranlassen. Eine Löschung von der Liste kann kostenpflichtig sein. Der Anbieter übermittelt den Endkundenwunsch sowie etwaig erforderliche Streichungen wegen Wegfalls der abgeleiteten Zuteilung. Die Bundesnetzagentur stellt die Sperr-Liste Anbietern von R-Gesprächsdiensten zum Abruf bereit.
D.h. es gibt ab sofort eine kostenlose Sperrliste für R-Gespräche, in die sich jeder Verbraucher kostenlos eintragen lassen kann.
5. Fazit:
Unbestritten kommt ein Vertrag zustande, wenn der Anschlussinhaber selbst telefoniert. Nimmt jedoch ein anderer das R-Gespräch an, so ist in der Rechtsprechung umstritten, ob ein Vertrag zustande gekommen ist.