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- Der Einsatz von Dialern bei Mehrwertdiensten
- Gewinnspiele und Glücksspiele mit Mehrwertdiensten
- Handy-Klingeltöne und -Logos via Mehrwertdiensten
- Mehrwertdienste und Minderjährigkeit
- Mitstörerhaftung bei Mehrwertdiensten
- Preisangabepflichten bei Mehrwertdiensten
- Rechtliche Regelungen zu Premium-SMS
- Vergütungspflicht für R-Gespräche?
- Mehrwertdienste und Telefonsex
Mehrwertdienste und Minderjährigkeit
1. Die Problemlage:
Ein Kind telefoniert auf Kosten seiner Eltern mit einer teuren Sex-Hotline. Müssen die Eltern für die Kosten aufkommen?
Problematisch ist dies bei Mehrwertdiensten auch für Netzbetreiber und Diensteanbieter: Denn woher sollen diese wissen, ob ein Minderjähriger oder ein Erwachsener das Telefon benutzt?
Insbesondere wird diese Frage relevant, wenn der Minderjährige sein Alter verschweigt oder gar über seine Minderjährigkeit täuscht.
2. Die Grundsätze: Geschäftsunfähigkeit und beschränkte Geschäftsfähigkeit
a) Geschäftsunfähigkeit
Minderjährige unter 7 Jahren sind geschäftsunfähig. Sie können keine Verträge schließen: Ein Vertrag besteht aus zwei übereinstimmenden, gegeneinander gerichteten Willenserklärungen. Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist jedoch nichtig (§ 105 Abs. 1 BGB).
Ein Vertrag mit einem Minderjährigen unter 7 Jahren ist daher von Anfang an nichtig. Auch das Verschweigen des wahren Alters ändert daran nichts.
b) Beschränkte Geschäftsfähigkeit
Zwischen 7 und 18 Jahren gilt der Minderjährige als beschränkt geschäftsfähig. Er benötigt die Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters für jede Willenserklärung, die ihm nicht ausschließlich einen rechtlichen Vorteil bringt (§ 107 BGB).
So kann er beispielsweise ohne Zustimmung seiner Eltern Eigentum erwerben. Gleichzeitig kann er sich aber nicht ohne deren Einwilligung verpflichten, den Kaufpreis zu bezahlen.
Schließt ein Minderjähriger einen Vertrag, ohne die Genehmigung des gesetzlichen Vertreters dafür zu besitzen, so ist dieser Vertrag so lange unwirksam, bis der gesetzliche Vertreter diesen genehmigt. Man spricht von "schwebender Unwirksamkeit" (§ 108 Abs. 1 BGB).
Bekannt ist ferner der sog. "Taschengeldparagraph" (§ 110 BGB). Danach sind Geschäfte sofort und ohne Genehmigung wirksam, wenn der Minderjährige sich zu einer Leistung verpflichtet, die er selbst mit eigenen Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck überlassen worden sind. Das bedeutet, dass er sein Taschengeld und Geldgeschenke zur freien Verfügung und ohne Beschränkung verwenden und damit Verträge schließen kann.
3. Minderjährige und Premium Rate-Anrufe (0190/0900)
Es kommt häufiger vor, dass Minderjährige vom Anschluß der Eltern aus Dienstleistungen über 0190-/0900-Rufnummern in Anspruch nehmen. Dann stellt sich die Frage, ob die Eltern die Telefonkosten begleichen müssen.
Die Eltern haben einen Telefonanschluß-Rahmenvertrag mit dem Netzbetreiber geschlossen und sind durch diesen verpflichtet, Grundgebühren und anfallende Verbindungsentgelte zu bezahlen. In den AGB üblicher Verträge ist geregelt, dass der Anschlussinhaber für die Nutzung des Anschlusses durch Dritte einzustehen hat, sofern er dies zu vertreten hat.
Dieses "Vertretenmüssen" verlangt vom Anschlussinhaber entsprechende "Sicherungsmaßnahmen", wenn er Dritte von der Nutzung ausschließen möchte. Dabei kann es um die Sperre der 0190-/0900-Vorwahlen bis zum Verschluß des Telefons handeln. Ein bloß mündlich ausgesprochenes Nutzungsverbot gegenüber dem Minderjährigen wird in aller Regel nicht reichen.
Auch der Einwand, es sei mit Anrufen der 0190-/0900-Rufnummer ein Vertrag geschlossen worden, der jedoch aufgrund beschränkter Geschäftsfähigkeit und fehlender Genehmigung des gesetzlichen Vertreters unwirksam sei, greift nicht durch: Denn der Anschlussinhaber hat dem Minderjährigen durch die Möglichkeit der unbeschränkten Nutzung eine Stellung eingeräumt, die typischerweise einer Vollmacht entspricht.
Es handelt sich um die sogenannte "Anscheins- oder Duldungsvollmacht", nach welcher der Bevollmächtigte für den Vollmachtgeber Rechtsgeschäfte abschließen kann. Die Anscheinsvollmacht wurde hier erteilt, indem der Anschlussinhaber dem Minderjährigen freien Zugriff auf das Telefon vermittelte, ohne eine Rufnummernsperre oder sonstige Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Auf die tatsächliche Erteilung der Vollmacht oder das Verbot, das Telefon zu benutzen, kommt es dabei nach überwiegender Ansicht der Rechtsprechung nicht an, so dass im Ergebnis eine Zahlungspflicht des Anschlussinhabers besteht.
Nutzt also ein Minderjähriger bewusst und gewollt den Anschluß der Eltern, um Premium Rate-Dienste in Anpruch zu nehmen, trifft den Anschlussinhaber die Vergütungspflicht, wenn dieser keine Maßnahmen getroffen hat, um eine Nutzung sicher zu verhindern.