Gewinnspiel-Sperre bei 9 Live rechtmäßig

Oberlandesgericht Muenchen

Urteil v. 28.07.2005 - Az.: U(K) 1834/05

Leitsatz

1. Die Gewinne beim Fernsehsender 9 Live sind nach den Grundsätzen der Auslobung (§ 657 BGB) zu beurteilen.

2. Der Fernsehsender 9 Live ist entsprechend dem Grundsatz der Privatautonomie berechtigt, einzelne Personen von der Teilnahme an den Gewinnspielen auzuschließen.

3. Eine solche Gewinnspiel-Sperre wird auch nicht dadurch nachträglich wieder aufgehoben, wenn der TV-Moderator den gesperrten Teilnehmer am Gewinnspiel wieder teilnehmen lässt. Denn dem TV-Moderator ist nicht ersichtlich, dass es sich um einen gesperrten Teilnehmer handelt, so dass ihm diesbzgl. jedes Erklärungsbewusstsein fehlt.

Tenor

Im Namen des Volkes


In dem Rechtsstreit (...) für Recht erkannt:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 21.12.2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Entscheidungsgründe

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten, die im Privatfernsehen mit Gewinnmöglichkeiten verbundene Quizsendungen veranstaltet, aus eigenem und abgetretenem Recht die Auszahlung von Gewinnen in Höhe von 30.950,-- € nebst Zinsen. Ferner verlangt der Kläger von der Beklagten, die eingerichtete Sperre vom Telefonanschluss des Klägers zur Rufnummer der Beklagten aufzuheben. Außerdem begehrt er die Feststellung, dass der von der Beklagten ausgesprochene Ausschluss des Klägers an der Teilnahme der Quizsendungen der Beklagten rechtsunwirksam war, und verlangt, ihn an den Quizsendungen der Beklagten teilnehmen zu lassen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 21.12.2004 (ZUM-RD 2005, 190) abgewiesen. Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Dieser macht geltend, er habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf die Gewinnauszahlung in Höhe von insgesamt 30.950,-- €, weil die Beklagte den Kläger und den Zedenten Dr. H. mangels Vorliegens eines sachlichen Grundes nicht wirksam von den Spielauslobungen hätten ausschließen können. Zutreffend sei das Landgericht davon ausgegangen, dass es sich bei den Quizsendungen der Beklagten um Auslobungen im Sinne von § 657 BGB handele. Das Landgericht verkenne jedoch, dass die Beklagte in ihrer Vertragsabschlussfreiheit insoweit eingeschränkt sei, als sie für einen Ausschluss eines Teilnehmers von ihren Quizspielen eines sachlichen Grundes bedürfe. Dass dies Voraussetzung sei, ergebe sich aus verschiedenen Gesichtspunkten.

Zunächst ergebe sich die Notwendigkeit eines sachlichen Grundes für einen Ausschluss des Klägers von dem „Mitmach-Sender“ aus der Informationsfreiheit des Klägers aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Der Kläger habe einen Anspruch gegen die Beklagte auf gleiche Teilhabe an den Informationsmöglichkeiten bzw. den Teilnahmemöglichkeiten an den Quizsendungen wie andere Teilnehmer auch. Die Beklagte stelle eine allgemein zugängliche Informationsquelle im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zur Verfügung. Die Beklagte betreibe nach eigener Darstellung den ersten Quizsender Deutschlands („Mitmach-Sender“), der sich primär durch ein interaktives Unterhalts- und Serviceprogramm auszeichne. Indem dem Kläger das Mitmachen bei dem interaktiven Fernsehsender unmöglich gemacht werde, liege hier ein Eingriff in die Informationsfreiheit des Klägers vor.

Das Landgericht habe auch zu Unrecht die Anwendung des § 20 GWB verneint. Das Landgericht verkenne, dass der Begriff des Unternehmens im geschäftlichen Verkehr hier deshalb Anwendung finde, weil jeder einzelne Teilnehmer sich die Gewinnchance und damit die Vertragszugangschance nur deshalb verschaffen könne, weil jeder einzelne Teilnehmer durch die Entrichtung der Teilnahmegebühr von 49 Cent erst einmal die Voraussetzungen für die Teilnahme schaffen müsse.

Das Landgericht habe auch die Auswirkungen des Rundfunkstaatsvertrags, insbesondere die Programmgrundsätze in § 41 Abs. 1 RStV nicht beachtet.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergebe sich darüber hinaus ein Abschlusszwang der Beklagten aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen, solange dieser keinen sachlichen Grund für den erforderlichen Ausschluss darlegen könne. Insbesondere in Bereichen der Daseinsvorsorge werde eine Beschränkung der Abschlussfreiheit angenommen. Im Streitfall sei auch hier von einem Kontrahierungszwang auszugehen, weil der „Mitmach-Sender“ insofern mit einem Theater oder einem Museum vergleichbar sei.

Das Landgericht habe auch nicht die Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung, also die Richtlinie 2000/78/EG vom 27.11.2000 beachtet. Im Streitfall sei maßgeblich und ausschlaggebend der Begriff der Behinderung. Der Begriff der Behinderung bedeute ein Benachteiligungsverbot nicht nur wegen einer körperlichen, sondern auch wegen einer geistigen Behinderung. Die zutreffende Auslegung des Begriffs der Behinderung bedeute, dass niemand wegen seiner intellektuellen Fähigkeiten eine Benachteiligung erfahren dürfe. Dies gelte im Positiven wie auch im Negativen. Es dürfe niemand benachteiligt werden, der über unterdurchschnittliche, es dürfe auch niemand benachteiligt werden, der über überdurchschnittliche intellektuelle Fähigkeiten verfüge. Aufgrund der Ausstrahlungswirkung des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG wie auch aufgrund der unmittelbaren Wirkung der erwähnten Antidiskriminierungsrichtlinie müsse daher der Ausschluss des Klägers als nicht sachlich gerechtfertigt bezeichnet werden.

Ein Indiz dafür, dass auch die Beklagte der Auffassung sei, dass nur ein sachlicher Grund den Ausschluss eines Spielers rechtfertige, beinhalteten die von der Beklagten aufgestellten Mitmach-Regeln. Diese sähen nur einen Ausschluss von Minderjährigen und derjenigen vor, die sich unlauterer Mittel bedienten. Die Beklagte könne den Ausschluss des Klägers nicht auf Nr. 4 der Mitmach-Regeln stützen, da sie nicht substantiiert dargelegt habe, dass der Kläger für die Einwahl in die Quizsendung unlautere Mittel benutzt habe. Auch habe sie keinerlei Tatsachen dargelegt, die den Verdacht der Manipulation durch den Kläger bestärkten. Das Landgericht habe den Charakter und die Wirkungen der so genannten „Mitmach-Regeln“ verkannt. Unstreitig seien die „Mitmach-Regeln“ von der Beklagten veröffentlicht und im Internet bekannt gemacht worden. Die „Mitmach-Regeln“ bildeten daher die Grundlage der vertraglichen Beziehungen zwischen den Teilnehmern und der Beklagten. Die Beklagte sei daher auch verpflichtet, sich an diese „Mitmach-Regeln“ zu halten und nach diesen „Mitmach-Regeln“ zu handeln.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts stelle der Vortrag der Beklagten keinen sachlichen Grund für einen Ausschluss des Klägers von den Quizsendungen dar. Es seien keine Tatsachen festgestellt worden, aus denen sich ergebe, dass der Ausschluss derjenigen, die mehrfach gewonnen hätten, notwendig sei, um die Funktionsfähigkeit des Spiels der Beklagten aufrechtzuerhalten.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei, sofern man einen sachlich gerechtfertigten Ausschluss des Klägers und des Dr. H. annehmen wolle, der Ausschluss bzw. die Beschränkung der Auslobung durch die jeweiligen Moderatoren der Beklagten wirksam widerrufen worden, § 130 Abs. 1 BGB. Der Widerruf durch die jeweiligen Moderatoren sei der Beklagten auch gemäß § 164 BGB oder nach den Grundsätzen der Anscheins- oder Duldungsvollmacht zuzurechnen. Aufgrund fehlerhafter Tatsachenbewertung sei das Landgericht der Ansicht, dass die jeweiligen Moderatoren bezüglich des Ausschlusses nicht das erforderliche Erklärungsbewusstsein besessen hätten, weil sie nicht gewusst hätten, dass es sich bei dem Kläger und bei Dr. H. um ausgeschlossene Spieler gehandelt habe. Der Ansicht liege eine falsche Tatsachenbewertung zugrunde. Der Kläger habe mit Schriftsatz vom 02.11.2004 dargelegt, dass die Moderatoren den Namen des Klägers bzw. den Namen von Dr. H. erfragt und dann das Rätsel mit ihnen durchgeführt hätten, auch wenn sie von dem vorherigen Ausschluss Kenntnis gehabt hätten. Als Beweis dafür werde auf die Spiele des Klägers am 15.03.2004 (Moderatorin: Alida Kurras) und 19.03.2004 (Moderator: Robin Bade) und die im Schriftsatz des Klägers vom 02.11.2004 aufgeführten Dialoge zwischen Moderator und Kläger/Dr. H. verwiesen. Wenn die Beklagte mit dem Kläger das Rätselspiel nicht hätte durchführen wollen, hätte sie nach der Offensichtlichkeitsprüfung den Kläger bzw. Dr. H. aus der Sendung nehmen müssen. Dies hätten die Moderatoren während der Sendung nicht getan und auch die Quizzentrale, bei der man für die Gewinnabrechnung seinen Namen angeben müsse, habe keinen nachträglichen Ausschluss geäußert. Der Kläger und Dr. H. hätten, spätestens nachdem sie einmal ein Quiz mit dem Moderator der Beklagten durchgespielt hätten, davon ausgehen können, dass der Ausschluss ihnen gegenüber wieder aufgehoben worden sei.

Rechtsfehlerhaft sei die Auffassung des Landgerichts, dass der Kläger keinen Anspruch auf Aufhebung der Telefonsperre und auf Teilnahme an den von der Beklagten veranstalteten Spielen habe.

Das Landgericht habe bei seiner Beurteilung des sachlichen Grundes das auch verfassungsrechtlich verankerte Prinzip der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet. Der von der Beklagten verfügte Ausschluss gemäß Schreiben vom 06.05.2004 sei zeitlich nicht befristet gewesen. Es habe sich daher um einen Ausschluss für alle Zeiten gehandelt. Ein derartiger Ausschluss wäre auch bei Abwägung der beiderseitigen Interessen unverhältnismäßig und würde daher gegen dieses einzuhaltende Prinzip verstoßen. Aber auch der vorangegangene Ausschluss gemäß Schreiben vom 11.02.2003 sei unverhältnismäßig gewesen.

Der Kläger beantragt:

1. Auf die Berufung wird das Urteil des Landgerichts München I vom 21.12.2004 – 33 O 15954/04 – aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 30.950,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.04.2004 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die eingerichtete Sperre vom Telefonanschluss des Klägers zur Rufnummer der Beklagten aufzuheben.

4. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger an den Quizsendungen der Beklagten teilnehmen zu lassen, solange kein sachlicher Ausschlussgrund vorliegt.

5. Es wird festgestellt, dass der mit Schreiben vom 06.05.2004 von der Beklagten ausgesprochene Ausschluss des Klägers an der Teilnahme der Quizsendungen der Beklagten rechtsunwirksam war.


Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte macht geltend, das Landgericht habe in seinem Urteil ohne Rechtsverstoß festgestellt, dass die geltend gemachten Ansprüche auf Gewinnauszahlung, Aufhebung der Telefonsperre und Zulassung zur Teilnahme sowie auf Feststellung der Unwirksamkeit der Sperrung unter keinem Rechtsgrund bestünden.

Unstreitig habe sowohl für den Kläger als auch für den Zedenten Dr. H. zum Zeitpunkt ihrer Anrufe bei der Beklagten eine Sperre bestanden. Diese stelle einen konkludenten Widerruf durch besondere Mitteilung nach § 658 Abs. 1 und 2 BGB dar, so dass die Wirkung der Preisauslobung nach § 657 BGB nicht gegenüber dem Kläger und nicht gegenüber Dr. H. gegolten habe. Entgegen der Auffassung des Klägers sei durch die faktische Teilnahme des Klägers bzw. des Dr. H. an dem Gewinnspiel die Sperre auch nicht konkludent aufgehoben worden, da den Moderatoren das hierfür erforderliche Erklärungsbewusststein gefehlt habe. Im Übrigen ergebe sich aus den vom Kläger überlieferten Abschriften der Gespräche, dass sowohl der Kläger als auch der Zedent Dr. H. die Moderatoren insoweit irregeführt hätten. Außerdem zeigten die Mitschriften, dass der Kläger sehr wohl gewusst habe, dass er nicht mitspielberechtigt gewesen sei. Unabhängig davon, dass die Beklagte im Rahmen der ihr zustehenden Privatautonomie berechtigt gewesen sei, eine Sperre auszusprechen, sei allein relevant, dass bei Teilnahme des Klägers und des Dr. H. faktisch eine Sperre bestanden habe.

Zu Recht habe das Landgericht angenommen, dass die Beklagte keinem Kontrahierungszwang unterliege. Unzutreffend seien die Ausführungen des Klägers zu einer vermeintlichen marktbeherrschenden Stellung der Beklagten, wobei allerdings ohnehin bereits aus rechtlichen Gründen ein Zugangsanspruch auf Kartellrecht nicht gestützt werden könne. Zutreffend habe das Landgericht dabei zunächst ausgeführt, dass sich der Kläger als Privatperson nicht auf das GWB berufen könne.

Weiter habe das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass auch aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ein Abschlusszwang nicht hergeleitet werden könne, da die aktive Teilnahme an den Gewinnspielen der Beklagten keine zur Bedarfsdeckung im Rahmen einer normalen Lebensführung eines Durchschnittmenschen erforderliche Betätigung sei. Die hier ausführlich geltend gemachten Bedenken und der Verweis auf das Grundrecht der Informationsfreiheit könnten nicht überzeugen. Niemand beschränke den Kläger, die Sendung der Beklagten zu sehen. Auch die „Mitmach-Regeln“ der Beklagten führten zu keinem anderen Ergebnis. Sie behandelten in Nr. 4 allein den Fall, dass bereits ein Vertrag zu Stande gekommen sei, die Beklagte sich aber vorbehalte, gleichwohl Gewinne nicht auszuzahlen, wenn unerlaubte Mittel eingesetzt würden. Dieser Fall sei hier bereits tatbestandlich nicht gegeben. Im Übrigen seien die „ Mitmach-Regeln“ – die keine allgemeinen Geschäftsbedingungen darstellten und ohnehin die Beklagte nicht bänden – nicht abschließend. Soweit der Kläger hier auf Ermessensselbstbindung abstelle, verkenne er, dass die Beklagte nicht die öffentliche Hand sei. Ersichtlich an den Haaren herbeigezogen sei auch der Verweis auf Art. 13 EG und auf eine angebliche geistige Behinderung des Klägers, die sich in seiner vermeintlichen überdurchschnittlichen intellektuellen Fähigkeit äußere. Sämtliche Ausführungen des Klägers liefen darauf hinaus, die Beklagte letztlich der öffentlichen Hand gleichzustellen. Wäre allerdings die Beklagte als Privatrechtssubjekt im Wirtschaftsleben denselben Bindungen unterworfen wie die öffentliche Hand, stellte dies einen fundamentalen Widerspruch zur geltenden Wirtschaftsverfassung dar, deren prägendes Wesenselement die Privatautonomie sei, die allein in Fällen eines Kontrahierungszwangs eingeschränkt werden könne.

Auch die Verweise auf das Rundfunkrecht hülfen nicht weiter. Warum aus den herangezogenen Vorschriften ein Teilnahmerecht jedes Zuschauers abzuleiten sei, bleibe völlig unerfindlich. Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass – hilfsweise – das Landgericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass selbst die Erforderlichkeit eines sachlichen Grunds unterstellt – ein solcher für den Ausschluss des Klägers sowie des Herrn Dr. H. gegeben sei. Die Beklagte habe ein vitales Interesse daran, Vorwürfen wirksam zu begegnen, dass sie bestimmte Anrufer bewusst bevorzuge.

Ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll des Termins vom 28.07.2005 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Auf die Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil vom 21.12.2004, Seiten 9 bis 15 wird zunächst Bezug genommen. Ergänzend ist zum Berufungsvorbringen Folgendes auszuführen:

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Anspruch auf Gewinnauszahlung nicht zu, weil, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, der Kläger und Dr. H. von der Beklagten zuvor rechtswirksam von der Teilnahme an den Quizsendungen ausgeschlossen worden waren (vgl. Schreiben der Beklagten vom 11.12.2003 (Anlagen K 2 und K 3) sowie vom 06.05.2004 (Anlage K 4)) und dieser Ausschluss nicht anlässlich der Rätsellösungen im Zeitraum 04.01.2004 bis 30.06.2004 aufgehoben wurde.

a) Zutreffend – insoweit vom Kläger unbeanstandet - hat das Landgericht angenommen, dass die Gewinnversprechen der Beklagten bei ihren Quizsendungen nach den Grundsätzen der Auslobung (§ 657 BGB) zu beurteilen sind. In den individuell an den Kläger und Dr. H. gerichteten Ausschlussschreiben vom 11.12.2003 (Anlagen K 2 und K 3) und vom 06.05.2004 (Anlage K 4) liegt ein Widerruf diesen beiden Personen gegenüber durch besondere - vorherige – Mitteilung im Sinne des § 658 Abs. 1 Satz 2 BGB.

b) Zutreffend hat das Landgericht ferner angenommen, dass die aus dem Grundsatz der Privatautonomie, die verfassungsrechtlich in Art. 2 Abs. 1 GG fundiert ist, resultierende Befugnis der Beklagten, den Kläger und Dr. H. von der Teilnahme an weiteren Quizsendungen rechtswirksam auszuschließen, nicht durch einen bestehenden Kontrahierungszwang eingeschränkt wird.

aa) Eine solche Einschränkung ergibt sich nicht aus einer Drittwirkung des Grundrechts der Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1). Allerdings handelt es sich bei den Fernsehsendungen der Beklagten um eine allgemein zugängliche Quelle (vgl. Jarass/Pieroth, GG, 7. Aufl., Art. 5 GG, Rdn. 16 m.N.). Die Informationsfreiheit schützt indes lediglich die Entgegennahme von Informationen sowie das aktive Beschaffen von Informationen (vgl. Jarass/Pieroth aaO Rdn. 17 m.N.), nicht hingegen die Teilnahme an Quizsendungen mit Aussicht auf Gewinnmöglichkeit. Dem Kläger ist es, wie er einräumt, unbenommen, die Fernsehsendungen der Beklagten anzuschauen und sich daraus zu informieren. Ihm ist es des Weiteren unbenommen, die von der Beklagten gestellten Rätsel zu Hause zu lösen und seine Lösung mit der von der Beklagten in der Sendung präsentierten Lösung zu vergleichen. Für Dr. H. gilt Entsprechendes.

bb) Zu Recht hat das Landgericht eine Anwendbarkeit von § 20 GWB im Streitfall verneint. Der Kläger hat bereits nicht hinreichend dargetan, dass die Beklagte bei der gebotenen sachgerechten Marktabgrenzung unter sachlichen und räumlichen Gesichtspunkten Normadressat des § 20 GWB ist (vgl. zur Marktabgrenzung Bechtold, GWB, 3. Aufl., § 19, Rdn. 5 ff). Nach dem Vortrag der Beklagten (Schriftsatz vom 15.11.2004, S. 8) gibt es zahlreiche andere Gewinnspiele in anderen Fernsehsendern, an denen Fernsehzuschauer teilnehmen können. Soweit der Kläger zur Marktsituation geltend macht, er sei nur an Gewinnspielen hohen Schwierigkeitsgrades interessiert, die allein von der Beklagten veranstaltet würden (Schriftsatz vom 22.11.2004, S. 7), kann daraus keine marktbeherrschende Stellung der Beklagten auf einem Teilmarkt für Fernsehgewinnspiele, der dem engen, den Kläger interessierenden Segment entspricht, abgeleitet werden, zumal der Kläger selbst vorträgt, dass die Beklagte Rätsel in sehr verschiedenen Schwierigkeitsgraden präsentiere. Der verständige Verbraucher sieht die Veranstaltung von Quizsendungen mit Gewinnmöglichkeiten als insgesamt funktionell austauschbar an.

Außerdem sind der Kläger und Dr. H. nicht als Unternehmen im Sinne des § 20 GWB zu qualifizieren. Zwar ist der Begriff des Unternehmens im Sinne des durch § 20 Abs. 1 und 2 GWB geschützten Personenkreises weit auszulegen; es muss sich jedoch für die geschützte Person um eine Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr zu gewerblichen Zwecken handeln (vgl. Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 20, Rn. 90). Das ist bei der Teilnahme an den Quizsendungen der Beklagten unbeschadet der Tatsache, dass der Kläger die Gewinnspiele der Beklagten – erstmals in der Berufungsinstanz - als mögliche Nebenerwerbsquelle bezeichnet (Schriftsatz vom 21.07.2005, S. 4), nicht der Fall.

cc) Zu Recht hat das Landgericht auch einen Kontrahierungszwang nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen (vgl. BGH WM 1994, 1670, 1672) abgelehnt. Die Teilnahme an den mit Gewinnmöglichkeiten verbundenen Quizsendungen der Beklagten zählt nicht zu den Leistungen und Bedürfnissen, deren Gewährung und Befriedigung so schützenswert erscheinen, dass eine Einschränkung des Grundsatzes der Privatautonomie geboten wäre (vgl. BGH aaO zum nicht bestehenden Kontrahierungszwang bei Spielbanken). Die Teilnahme an den Quizsendungen der Beklagten ist mit der Zulassung zu einem Theater oder einem Museum nicht vergleichbar. Der Kläger konnte und kann unbeschadet des Ausschlusses als Fernsehzuschauer die Rätsel der Beklagten zu Hause lösen und seine Lösung mit der Lösung, die in der Sendung der Beklagten präsentiert wird, vergleichen; damit kann er an einem kulturellen Gehalt, den die Sendungen der Beklagten für ihn haben mögen, hinreichend partizipieren. Für Dr. H. gilt Entsprechendes.

dd) Auch aus der Ausstrahlungswirkung des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG kann die vom Kläger für sich in Anspruch genommene Einschränkung der Privatautonomie der Beklagten im Streitfall nicht gefolgert werden. Behinderung im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG meint die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung, die auf einem regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruht (vgl. BVerfGE 99, 341, 356 f.). Dieser Begriff umfasst nicht die möglicherweise überdurchschnittlichen intellektuellen Fähigkeiten, die der Kläger für sich und Dr. H. geltend macht.

ee) Eine Einschränkung des Grundsatzes der Privatautonomie ergibt sich im Streitfall auch nicht aus der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Diese Richtlinie richtet sich an die Mitgliedstaaten (Art. 249 Abs. 3 EG); sie ist im Privatrechtsverhältnis nicht unmittelbar einschlägig. Außerdem ist diese Richtlinie auch sachlich im Streitfall nicht einschlägig; sie betrifft die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf; Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung u.a. wegen einer Behinderung (Art. 1). Es kann dahinstehen, ob die Teilnahme an den Gewinnspielen der Beklagten als selbständige Erwerbstätigkeit im Sinne dieser Richtlinie qualifiziert werden kann. Jedenfalls kann von einer geistigen Behinderung bei den möglicherweise überdurchschnittlichen intellektuellen Fähigkeiten, die der Kläger und Dr. H. besitzen, nicht gesprochen werden, weshalb auch keine unzulässige Diskriminierung wegen Behinderung vorliegt.

ff) Auch aus der Drittwirkung des Grundrechts der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), auf das sich der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz (Schriftsatz vom 21.07.2005, S. 4) berufen hat, kann eine Einschränkung der Privatautonomie im Sinne eines Kontrahierungszwangs im Streitfall nicht abgeleitet werden. Der Kläger hat nicht hinreichend dargetan, dass der Ausschluss von den Gewinnspielen der Beklagten den Schutzbereich der Berufsfreiheit tangiert. Als Beruf ist jede auf Dauer angelegte Tätigkeit zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage einzustufen (vgl. Gerrit Manssen in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Band 1, Art. 12 Abs. 1, Rdn. 36 f m.N.). Der Vortrag des Klägers geht dahin, ihm und Dr. H. werde der Zugang zu einer möglichen Nebenerwerbsquelle versperrt (Schriftsatz vom 21.07.2005, S. 4). Der Kläger trägt jedoch nicht vor, dass er und Dr. H. mit der Teilnahme an den Gewinnspielen dauerhaft je eine Lebensgrundlage schaffen oder erhalten wollen. Außerdem ginge, selbst wenn man den Schutzbereich der Berufsfreiheit im Streitfall für eröffnet ansehen wollte, die dann gebotene Abwägung mit der ebenfalls verfassungsrechtlich (Art. 2 Abs. 1 GG) fundierten Privatautonomie, auf die sich die Beklagte beruft, zu Lasten des Klägers und zu Lasten von Dr. H. aus.

gg) Auch aus dem Rundfunkstaatsvertrag vom 31.08.1991, zuletzt geändert durch Art. 1 des vom 08.10. bis 15.10.2004 unterzeichneten Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrags (BayGVBl. 2005, 27), kann eine Einschränkung der Privatautonomie im Sinne eines Kontrahierungszwangs im Streitfall nicht abgeleitet werden. Aus dem bloßen Programmgrundsatz des § 41 Abs. 1 Satz 3 RStV, wonach die Rundfunkprogramme u.a. auf ein diskriminierungsfreies Miteinander hinwirken sollen, ergibt sich kein Anspruch des Klägers und kein Anspruch von Dr. H. auf Teilnahme an den Quizsendungen der Beklagten. Für die Zulassungsvorschrift des § 20 RStV und für die Datenschutzvorschrift des § 47a RStV gilt Entsprechendes.

hh) Schließlich ergibt sich auch aus den im Internet publizierten Mitmachregeln der Beklagten (Anlage K 11) keine Einschränkung der Privatautonomie. Diesen Regeln kann schon nicht entnommen werden, dass die Beklagte damit den Ausschluss von Teilnehmern abschließend geregelt hat. Jedenfalls konnte die Beklagte aber durch individuelle Ausschlussschreiben gegenüber dem Kläger und gegenüber Dr. H. von den Mitmachregeln abweichen (Rechtsgedanke des § 305b BGB).

c) Zu Recht hat das Landgericht auch angenommen, dass der gegenüber dem Kläger und Dr. H. wirksam ausgesprochene Ausschluss von der Teilnahme an den Quizsendungen der Beklagten nicht anlässlich der späteren Rätsellösungen im Zeitraum 04.01.2004 bis 30.06.2004 aufgehoben wurde. Die Feststellung des Landgerichts (UA S. 14), dass den Moderatoren jegliches Erklärungsbewusstsein zur Aufhebung der ausgesprochenen Ausschlüsse fehlte, wird durch das Berufungsvorbringen des Klägers nicht entkräftet. Der vom Kläger hervorgehobene Umstand, dass manche der Moderatoren ausweislich der vorgelegten Sendungsmitschnitte (Schriftsatz vom 02.11.2004, S. 8 ff) den Kläger bei seinen Anrufen erkannt und dessen Nachnamen erinnert haben, belegt nicht, dass den Moderatoren auch der vorangegangene Ausschluss des Klägers bzw. der Ausschluss von Dr. H. bewusst war. Für die jeweilige Durchstellung in die Quizzentrale gilt Entsprechendes. Außerdem waren die Moderatoren nach dem Vortrag der Beklagten (Berufungserwiderung vom 14.06.2005, S. 4) nicht befugt, eine Sperre aufzuheben, wenn sie erkannt hätten, dass es sich beim Anrufer um eine ausgesperrte Person handelte. Dieser Vortrag ist vom Kläger im Kern nicht bestritten worden (Schriftsatz vom 21.07.2005, S. 2); der Kläger hat lediglich geltend gemacht, dies sei unerheblich, da es bei Willenerklärungen auf den äußeren Erklärungsgehalt, also auf die Sicht des Erklärungsempfängers ankomme. Im Hinblick darauf, dass sich der Kläger und Dr. H. treuwidrig über den gegen sie jeweils ausgesprochenen Ausschluss hinweggesetzt haben, ist indes im Streitfall für eine Aufhebung des Ausschlusses nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht kein Raum.

2. Zu Recht hat das Landgericht auch den Antrag, die eingerichtete Sperre vom Telefonanschluss des Klägers zur Rufnummer der Beklagten aufzuheben, sowie den Antrag, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger an den Quizsendungen der Beklagten teilnehmen zu lassen, abgewiesen. Die dagegen gerichteten Angriffe des Klägers haben unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen im Hinblick darauf, dass der Ausschluss des Klägers von der Teilnahme an den Quizsendungen der Beklagten rechtswirksam ist, keinen Erfolg.

3. Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht den Antrag des Klägers auf Feststellung, dass der mit Schreiben vom 11.12.2003 und Schreiben vom 06.05.2004 von der Beklagten ausgesprochene Ausschluss des Klägers an der Teilnahme der Quizsendungen der Beklagten rechtsunwirksam war, als unzulässig abgewiesen. Im Hinblick auf die gestellten Leistungsanträge, in deren Rahmen über die Wirksamkeit des Ausschlusses zu befinden ist, ist wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage die begehrte Feststellung nicht zulässig. Im Übrigen wäre die Feststellungsklage aus den vorstehend genannten Gründen auch unbegründet.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

6. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen (vgl. BGH NJW 2003, 65).