OVG Münster: Rechnungslegungs- und Inkassoverbot für TK-Premium-Dienst rechtmäßig, wenn Höchstpreise überschritten werden

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Bundesnetzagentur (BNA) ein Rechnungslegungs- und Inkassoverbot für Premium-Dienste im Telekommunikationsbereich erlässt,  wenn die gesetzlichen Höchstpreise überschritten werden (OVG Münster, Beschl. v. 31.01.2023 - Az.: 13 B 155/22).

Die Klägerin bot ihren Kunden in einem kostenpflichtigen Abonnement ein Ratsgebermagazin sowie die Inanspruchnahme telefonischer Beratungs- und Auskunftsdienstleistungen an. Rief der Kunde die Ortsnetzrufnummer an, erhielt er folgende Ansage:

"Die ersten vier Wochen für die Teilnahme am XY Service sind gratis. Danach betragen die Kosten alle sieben Tage nur 3,49 Euro. Die Kündigung ist jederzeit möglich. Bitte bestätigen Sie die Teilnahme und drücken Sie die Tasten 1 und 9 nacheinander auf Ihrem Telefon."

Drückte der Verbraucher die entsprechende Taste, wurde ein entsprechendes Dauerschuldverhältnis begründet.

Die BNA erließ gegen das Unternehmen daraufhin ein Rechnungslegungs- und Inkassoverbot, weil es gegen die gesetzlichen Preisangabepflichten verstoßen habe. Es verwende für einen kostenpflichtigen Premium-Dienst eine Ortsnetzrufnummer, was aber unzulässig sei. Dadurch würden zudem zahlreiche Pflichtvorschriften für Premium-Dienste umgangen.

Gegen diesen Bescheid wehrte sich die betroffene Firma. 

Jedoch ohne Erfolg:

"Das Rechnungslegungs- und Inkassierungsverbot ist bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beschwerde zieht die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Zweifel, dass die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage des § 123 Abs. 5 Satz 1 TKG erfüllt sind. (...)

Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass eine rechtswidrige Rufnummernnutzung durch die Antragstellerin vorliegt, weil ihr Geschäftsmodell gegen die Preisregelungen in § 110 und § 112 TKG verstoße. Dabei hat es darauf abgestellt, dass das Telekommunikationsgesetz für sprachgestützte Premium-Dienste in § 110 TKG lediglich eine zeitabhängige Abrechnung je Verbindungsminute und einen Preis pro Verbindung kenne.

Weitere Abrechnungsmöglichkeiten sehe es für sprachgestützte Premium-Dienste nicht vor.

Insbesondere sei ein Abonnementmodell wie das der Antragstellerin, bei dem im Extremfall bei nur einer Verbindung über Jahre hinweg jeweils ca. 12,- Euro monatlich anfallen würden, nicht vorgesehen und damit unzulässig. Angesichts der detaillierten Regelungen, die der Gesetzgeber für zeitunabhängige und zeitabhängige Abrechnungen vorgesehen habe, sei auszuschließen, dass er daneben weitere „atypische“ Abrechnungen ermöglichen wollte.

Auch die Regelung der Preishöchstgrenze des § 112 Abs. 2 TKG, wonach Preise nur erhoben werden dürfen, wenn sie höchstens 30,- Euro pro Verbindung betragen, spreche unter systematischen Gesichtspunkten gegen das Geschäftsmodell der Antragstellerin; denn bei diesem sei die Einhaltung dieser Preishöchstgrenze nicht sichergestellt. Stelle der betroffene Kunde nach dem telefonischen Vertragsschluss – also einer einmaligen Verbindung – keine weiteren Verbindungen mehr her, werde die zulässige Preishöchstgrenze von 30,- Euro pro Verbindung bereits nach 3 Monaten Vertragslaufzeit deutlich überschritten.

Die dagegen von der Beschwerde erhobenen Einwände greifen nicht durch."

Und weiter:

"Die rechtswidrige Rufnummernnutzung durch die Antragstellerin ergibt sich jedenfalls aus einem Verstoß gegen § 112 Abs. 2 Halbs. 1 TKG (bzw. in Verbindung mit dem Umgehungsverbot des § 122 TKG, soweit der Vertrag unter Nutzung der geographischen Rufnummer zustande gekommen ist und deshalb nicht unmittelbar als Premium-Dienst im Sinne von § 3 Nr. 47 TKG eingestuft werden kann).

Danach dürfen Preise für zeitunabhängig über Rufnummern für Premium-Dienste, Kurzwahldienste und Auskunftsdienste abgerechnete Verbindungen und Dienstleistungen nur erhoben werden, wenn sie höchstens 30,- Euro pro Verbindung betragen, soweit nach Absatz 6 keine abweichenden Preise erhoben werden können.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Einhaltung dieser Preishöchstgrenze bei dem Abonnementmodell der Antragstellerin nicht sichergestellt ist."

Und weiter:

Der Einwand der Beschwerde, die Preishöchstgrenze sei innerhalb der wöchentlichen Abrechnungsperiode ihres Abos oder des für die Telefonrechnung maßgeblichen Monatszeitraums zu beachten, findet im Gesetz keine Stütze. Im Wortlaut der Vorschrift ist ein solches Verständnis nicht angelegt. Im Gegenteil stellt § 112 Abs. 2 TKG ausdrücklich auf den Preis „pro Verbindung“ und nicht – wie die Antragstellerin meint – „pro Abrechnung“ ab. Die Genese der Vorschrift verdeutlicht die Intention des Gesetzgebers, Verbraucher davor zu schützen, durch Inanspruchnahme einer Rufnummer eines Premium-Dienstes einen hohen Geldbetrag zu schulden.

Es soll gerade verhindert werden, dass infolge eines Anrufs Kosten entstehen, die einen Betrag von 30,- Euro übersteigen. Eben dieses Risiko besteht, wenn ein Verbraucher telefonisch ein Abonnement für den „XYZ SERVICE“ abschließt. Infolge eines einmaligen Anrufs können für diese Verbindung zeitunabhängige Kosten entstehen, die bereits nach einer neunwöchigen Dauer 31,41 Euro (9 x 3,49 Euro) betragen und damit die Preishöchstgrenze von 30,- Euro überschreiten.

Nach 18 Wochen sind die Kosten für das von der Antragstellerin in Rechnung gestellte Abonnement bereits doppelt so hoch wie die gesetzliche Preishöchstgrenze. Die von der Antragstellerin eingeräumte monatliche Kündigungsmöglichkeit ändert daran nichts. Der durch § 112 Abs. 2 Halbs. 1 TKG bezweckte Verbraucherschutz erfordert, dass in jedem Fall die Einhaltung der Preishöchstgrenze sichergestellt ist und damit das finanzielle Risiko für den Verbraucher von vornherein minimiert wird, ohne dass es seines späteren Tätigwerdens bedarf."